Nie langweilig und jenseits des Erwartbaren
Buß- und Bettagsempfang der Diakonie Ruhr mit kurzweiliger Entdeckungsreise durch verschiedene Arbeitsfelder. Reger Austausch beim Stehempfang
„Wir dürfen nie langweilig sein bei Kirche und Diakonie“, betonte Diakoniepfarrer Sven Pernak im geistlichen Impuls. Ein Versprechen, das auch für den traditionellen Buß- und Bettagsempfang der Diakonie Ruhr im Atrium der Stadtwerk Bochum galt. Zahlreiche Gäste aus Diakonie, Kirche und Gesellschaft erlebten eine kurzweilige Entdeckungsreise durch verschiedene Arbeitsfelder der Diakonie-Ruhr-Familie jenseits des Erwartbaren.
Marita John, Geschäftsführerin für den Bereich Behindertenhilfe, Werkstattleitung Birgit Westphal und ihr Stellvertreter Jens Becker gaben einen Einblick in die aktuellen Aktivitäten zur Vermarktung der Müllkammerbox, die Menschen mit Behinderung in der Werkstatt Constantin-Bewatt aus eloxierten Aluminiumblechen und Edelstahl fertigen. „Wir müssen moderner werden, damit unsere Müllkammerbox ein Erfolgsprodukt bleibt“, erklärte Birgit Westphal. In einem Markenbildungsprozess, an dem auch die Beschäftigen beteiligt waren, wurde aus der Müllkammerbox die „mü“ – kurz und prägnant. Weitere Ableger der Produktfamilie wurden geschaffen. Brandneu gestartet: die Fahrradgarage „radkoje“ aus dem gleichen Baukastensystem. „Damit gehen wir jetzt sehr aktiv auf Messen“, kündigte Jens Becker an.
Die Ev. Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Overdyck macht sich für sogenannte Careleaver stark – junge Menschen, die in Wohngruppen oder Pflegefamilien leben und meist mit Eintritt ins Erwachsenenalter das System der Jugendhilfe verlassen. Dann sind sie häufig auf sich allein gestellt – anders als viele Gleichaltrige können sie nicht auf Eltern und Familie zurückgreifen, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Um ihnen den Start in ein selbständiges Leben zu erleichtern, wird gerade ein eingetragener Verein gegründet, der unter anderem den Austausch zwischen Careleavern in Bochum durch gesellige Aktionen fördern und Beratung von Betroffenen durch Betroffene ermöglichen soll. Overdyck-Geschäftsführer Stefan Wutzke, Mitinitiatorin Sabrina Fenger und Patricia Lorenz vom Jugendamt Bochum stellten das Projekt vor.
„Es war einsam“, erinnerte sich Sabrina Fenger, die selbst als Jugendliche von Overdyck betreut wurde, an ihren 18. Geburtstag. „Ich bin mit 17 aus der Jugendhilfe ausgezogen, hatte eine Wohnung und eine Ausbildung, aber es war niemand da, der mit mir gefeiert hätte.“ Auch viele lebenspraktische Dinge seien für Careleaver eine große Herausforderung, gab Patricia Lorenz zu bedenken. „Man darf alles, aber man muss auch alles. Doch wer hilft zum Beispiel beim Ausfüllen eines Antrags?“ Dank des Vereins sollen es künftige Generationen leichter haben und niederschwellig Unterstützung durch Gleichgesinnte erhalten. „Auf Augenhöhe kann man immer besser reden“, betonte Sabrina Fenger.
Mit sommerlichen Impressionen im eingespielten Video startete der Beitrag der Altenhilfe – Geschäftsführer Jens Frisch stellte mit den Koordinierenden Robert Hirtes und Johanna Schläfke das Projekt PoolSpringer vor. Um bei Personalengpässen nicht mehr auf externe Zeitarbeitsfirmen zurückgreifen zu müssen, hat die Diakonie Ruhr im Herbst 2023 begonnen, einen Springerpool für Pflege- und Assistenzkräfte aufzubauen. Mitarbeitende profitieren unter anderem von einer individuellen und flexiblen Dienstplanung mit gesichertem Frei sowie einem überdurchschnittlichen Gehalt. So können zum Beispiel Dienste mit den Betreuungszeiten von Kindern abgestimmt werden. Auch Studium und Arbeit lassen sich perfekt miteinander verbinden. Wer unterschiedliche Einrichtungen und Arbeitsweisen kennenlernen möchte, kann viele Erfahrungen sammeln und seine Kompetenzen erweitern. Natalia Denise Et hat diese Möglichkeit genutzt und als PoolSpringerin viele Einrichtungen kennengelernt. „Wir können in unser Wunschhaus wechseln, wenn wir möchten“, erzählte sie. Das hat bei ihren Einsätzen gefunden: Sie arbeitet nun fest im Haus am Nordring in der Bochumer Innenstadt.
Auch über die näher vorgestellten Projekte hinaus ist seit dem letzten Buß- und Bettagsempfang viel passiert in der Diakonie-Ruhr-Familie. So wurden innerhalb eines Jahres unter anderem 810 Mitarbeitende neu eingestellt, eine Pflegeeinrichtung in Kamen übernommen, das Leitbild erneuert und ein Verhaltenskodex für Mitarbeitende erstellt, der auch ein Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat einschließt, nannte Geschäftsführer Jens Koch Beispiele. Nicht zu vergessen natürlich der Zusammenschluss mit der Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne | Castrop-Rauxel, der Ev. Stiftung Augusta und dem Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid zur gemeinsamen Holding Evangelischer Verbund Augusta Ruhr (EVA Ruhr). „Selbständige Teilkonzerne werden das Gemeinsame stärken, um so dem diakonischen Auftrag noch besser gerecht zu werden, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende, Superintendent Dr. Gerald Hagmann, in seinem Grußwort.
Jenseits des Erwartbaren, wie Jens Koch betonte, war auch das kulturelle Rahmenprogramm des diesjährigen Empfangs. Der Bochumer Cartoonist Oli Hilbring präsentierte auf der Bühne Auszüge aus seinen Werken – darunter natürlich auch etliche Zeichnungen mit Bochum- sowie einige mit Pflegebezug. Nicht geändert hatte sich dagegen der im vergangenen Jahr erfolgreich getestete Rahmen mit agilem Stehempfang und mobilem Büfett statt festlich eingedeckter Tische. Die Gäste nutzten fleißig die Gelegenheit zu anregenden Gesprächen und intensivem Austausch.
Die Diakonie Ruhr ist mit über 60 Diensten und Einrichtungen sowie 3000 Mitarbeitenden im Herzen des Ruhrgebiets präsent. Schwerpunkte sind Altenhilfe, Behindertenhilfe, Suchtkrankenhilfe, Flüchtlingshilfe, Wohnungslosenhilfe sowie Kinder- und Jugendhilfe. Als eines der größten Unternehmen der Sozialwirtschaft in der Region bietet sie viele Entwicklungsmöglichkeiten, sinnstiftende Aufgaben und sichere Berufsperspektiven. Die Diakonie Ruhr gehört mit der Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne | Castrop-Rauxel, der Ev. Stiftung Augusta und dem Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid zum Evangelischen Verbund Augusta Ruhr mit insgesamt fast 10.000 Mitarbeitenden.