Fotografin Anja Micke (Mitte) und die „Fotomodelle“ Maria und Hans-Jürgen Wertens freuen sich über die Eröffnung der Ausstellung mit Fotos zum Thema Demenz.

15.05.2023

Gesichter einer Erkrankung, Liebe und Trost

Ausstellung mit Fotos von Anja Micke macht Bedürfnisse, Wünsche und Werte demenziell Erkrankter und ihrer Angehörigen sichtbar

„Demenz – Bedürfnisse, Wünsche und Werte“ lautet das Thema einer Ausstellung, die die Diakonie Ruhr in Kooperation mit der Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne | Castrop-Rauxel und dem Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Ruhr im Ev. Krankenhaus Herne zeigt. Die Fotografin Anja Micke hat zwei Menschen mit einer demenziellen Erkrankung besucht und jeweils einen Tag lang begleitet. Dabei sind eindrucksvolle Aufnahmen entstanden.

Die Schwarz-Weiß-Fotos zeigen die vielen Gesichter der Erkrankung, aber auch den liebvollen Umgang der Angehörigen, die sich immer wieder neuen Situationen und Aufgaben stellen. „Im Zentrum aller Bilder stehen die Menschen, die Liebe – Trost, Partnerschaft, der liebevolle Umgang miteinander“, erklärte Anja Micke bei der Ausstellungseröffnung anlässlich des Internationalen Tages des Pflegenden. „Ich war in zwei tollen Familien, in denen das sehr gut klappt.“

Wolfgang Wessels vom Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Ruhr gab zu bedenken, dass die Individualität von Demenzkranken immer noch häufig ignoriert wird. „Wer verwirrt auftritt, verliert Individualität“, erklärte er. Haare werden kurz geschnitten, weil sie sich so einfacher pflegen lassen. Bei der Kleidung fällt die Wahl oft auf die praktische Jogginghose. „Viele, die betroffen sind, verschwinden aus der Öffentlichkeit“, sagte Diakoniepfarrer Sven Pernak, Vorstand der Inneren Mission – Diakonisches Werk Bochum. „Die künstlerische Annäherung an das Thema kann diesen Menschen und ihren Angehörigen den ihnen zustehenden öffentlichen Raum geben.“

Die ersten Kontakte zu den beiden Familien, die sich an dem Kunstprojekt beteiligt haben, knüpfte Anja Micke beim Vortreffen in Bochum zu einem ungewöhnlichen Seminar, bei dem im Frühjahr 2022 an Demenz erkrankte Menschen und ihre Angehörigen zehn Tage lang auf Norderney Kraft tanken konnten. Es wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kirche und Gesellschaft der Ev. Kirche von Westfalen durchgeführt. Pflegeauszubildende der Diakonie Ruhr kümmerten sich während des Aufenthalts um die pflegerische Versorgung der Teilnehmenden und meisterten mit Geduld und Humor auch schwierige Betreuungssituationen. Für 2024 ist eine Neuauflage geplant.

Anja Micke ist seit 1994 freiberuflich als Fotografin in Bochum tätig und arbeitet seit 2019 bei der Diakonie Ruhr. 2021 hat sie den Bildband „ICH BIN“ veröffentlicht, der berührende Porträts von wohnungslosen Menschen zeigt. Die aktuelle Ausstellung „Demenz – Bedürfnisse, Wünsche und Werte“ kann während der allgemeinen Besuchszeiten im EvK Herne, Wiescherstraße 24, 44623 Herne, besichtigt werden. Pfarrer Frank Obenlüneschloß, Theologischer Direktor der Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne | Castrop-Rauxel freut sich, dass damit auch die regelhaften Kunstausstellungen im EvK wieder aufgenommen werden, die aufgrund der Corona-Pandemie pausieren mussten.

Berechnungen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft zufolge leben derzeit in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. Täglich kommen etwa 900 weitere hinzu. Die Krankheit zerstört Nervenzellen und Zellverbindungen im Gehirn. Sie beginnt oft mit Gedächtnisstörungen, Konzentrationsproblemen und einem nachlassenden Orientierungssinn. Sie ist meist irreversibel und führt häufig zu völliger Pflegebedürftigkeit und Hilflosigkeit.

Die Diakonie Ruhr gehört mit der Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne | Castrop-Rauxel zur Holding Ev. Verbund Ruhr mit insgesamt rund 5500 Mitarbeitenden. Das Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Ruhr ist seit 2022 Teil der Diakonie-Ruhr-Familie.